Als das sogenannte Manhattan-Projekt in den 1940ern gestartet wurde, waren die Gegebenheiten alles andere als sicher. Technologische Entwicklungen überschlugen sich, die Kernspaltung wurde entdeckt und es tobte ein verheerender Weltkrieg. Diese Umstände wirkten sich auch auf die Verfahrensweisen im Projektmanagement aus. Die Furcht vor einer deutschen Atombombe und der Wunsch nach Frieden waren der Ansporn der USA, dieses strenggeheime Projekt ins Leben zu rufen, an dem unzählige Wissenschaftler und Soldaten mitarbeiteten. Wie genau dieses sensible Geheimprojekt das Projektmanagement revolutionierte, soll in diesem Artikel kurz umrissen werden.
Die Entwicklung des Manhattan-Projekts
In den 1930ern arbeiteten viele europäische und amerikanische Wissenschaftler in der Atomforschung. Dabei wurde entdeckt, dass die Kernenergie zum Bau von Nuklearwaffen dienen kann. Da die Deutschen auf diesem Gebiet Pionierarbeit leisteten und über die größte Uranmine Europas verfügten, fürchtete man, dass es nicht lange dauern würde, bis Hitler im Besitz einer Atombombe wäre. Aus diesem Grund leitete Roosevelt seinerseits unter strengster Geheimhaltung ein Projekt zur Entwicklung einer Atombombe ein. Dies war die Geburtsstunde des Manhattan-Projekts.
Neue Arbeitsabläufe
Angesichts des Weltkriegs und der damit verbundenen Dringlichkeit, überarbeiteten Rüstungsindustrie, Wissenschaft und Regierung ihre Prozesse. Im Rahmen des Manhattan-Projekts entstand so ein noch nie dagewesenes Projektgeflecht, das sämtliche Ressourcen der Industrie, der Wissenschaft und der politischen Führungsriege bündelte. Das Manhattan-Projekt ist heute weltweit das Referenzmodell für Forschungs- und Entwicklungsprojekte.
Für den Bau der Atombombe fehlten zum Beginn des Manhattan-Projekts noch die richtigen Vorgehensweisen. Drei Verfahren zur Uran- und Plutoniumanreicherung wurden deshalb gleichzeitig aufgesetzt.
Aus Zeitmangel wurden Entwicklung, Forschung und Produktion bei diesem Projekt zum ersten Mal gleichzeitig und nicht mehr sequentiell umgesetzt. Die hohe Komplexität des Projekts machte es notwendig, Aufgaben, Ziele und Teams genau zu definieren. Entscheidungsbefugnisse wurden dezentralisiert und Berichtswege an die Projektverantwortlichen eindeutig festgelegt. Projektmanagement-Tools wie etwa Netzwerk-, PERT- und Balkendiagramme fanden flächendeckend Einsatz. Diese noch heute im Projektmanagement allgegenwärtigen Werkzeuge gehen auf das Manhattan-Projekt zurück.
Das Manhattan-Projekt kann auch als Programm bezeichnet werden, weil es mehrere kleine und große Projekte umfasst. Im Programmmanagement wird eine Anzahl verschiedener Projekte koordiniert, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen.
Umfangreiche Personalkapazität
Alleine die Intensität, mit der geeignetes Personal für das Manhattan-Projekt rekrutiert werden musste, war bisher unübertroffen. Der Projekterfolg hing von der richtigen Auswahl der Ressourcen ab. Unter völliger Geheimhaltung wurden bis 1942 auf diese Weise etwa 150.000 Projektmitglieder rekrutiert, die zusammen mit unzähligen Wissenschaftlern das Manhattan-Projekt auf die Beine stellen sollten. Im Juni 1944 arbeiteten 129.000 Mitarbeiter fest am Manhattan-Projekt, von denen 84.500 Bauarbeiter, 40.500 Fabrikarbeiter und 1.800 Militärpersonal waren. 1945 erreichte die Mitarbeiterzahl ihren Höhepunkt. Mehr als 600.000 Menschen waren in insgesamt 37 Forschungsstätten in das Manhattan-Projekt involviert. Die nachfolgende Karte zeigt einige der Forschungsstätten:
Erstklassige Projektleiter
Der Projektträger war die amerikanische Regierung. Als Projektleiter stellte Präsident Roosevelt Colonel General Leslie R. Groves ein, der sich als äußert kompetent erwies. Dieser stellte wiederrum den theoretischen Physiker Robert Oppenheimer ein, der für eine Atomwaffen-Forschungseinrichtung in Los Alamos zuständig war. Robert Oppenheimer gilt seither als Vater der Atombombe. Die Entwicklung der Atombombe wurde in weniger als drei Jahren erfolgreich umgesetzt. Groves war ein stets optimistisch veranlagter Projektleiter, der seine Projektmitarbeiter anspornte. Er konnte mit komplexen Projektstrukturen umgehen und verfügte über eine hervorragende Sozialkompetenz, die ihm den Umgang mit seinen Mitarbeitern erleichterte. Auch heute sollten gute Projektmanager diese beiden Kompetenzen besitzen.